Die Luxusuhrenindustrie ist allgemein sehr stark vom Fachhandel geprägt, der ihr direkter Kunde ist. In Deutschland werden die meisten hochwertigen Uhren traditionell über Juweliere verkauft. Alle Luxusuhrenmarken haben mit dem Fachhandel selektive Distributionsverträge abgeschlossen. Damit sichern sie sich zu, dass sie nicht jeden Händler, der ihre Ware vertreiben will, beliefern müssen, sondern es sich aussuchen können. Begründet wird das damit, dass eine Luxusuhr ein bestimmtes Ambiente, eine kompetente Beratung etc. braucht. Diese ausgewählten Fachhändler führen eine begrenzte Anzahl an Marken als offizielle Konzessionäre. Die Margen der Juweliere werden durch die Kapitalbindung, hohen Mieten und Personalkosten, hohen Versicherungsbeiträgen, Kosten für Sicherheitsausstattung und letztlich auch Rabatte, die der Fachhändler den Kunden gewähren muss, geschmälert. Die Uhrenmarken sind in den letzten Jahren dazu übergegangen, in den großen Metropolen eigene Boutiquen zu eröffnen. Sie dienen mehr dem Image und als Schaufenster, Geld verdienen die meisten Marken damit nicht. Die hohen Mieten für die 1a-Lagen, teure Personalkosten und eingeschränkte Auswahl durch das Monobrand-Konzept sind die Gründe.
Bedeutende Juweliershäuser
In Deutschland ist der größte Juwelier der Filialist Wempe mit 20 Geschäften in Deutschland sowie sieben weiteren in verschiedenen Ländern (New York, Paris, Wien, London, Madrid) sowie auf der MS Europa und der MS Europa 2; dazu kommen fünf Markenboutiquen. Wempe ist aber auch Uhrenhersteller und führt seit 2006 seine eigenen Uhrenlinien mit dem Namen Wempe Zeitmesser und Wempe Chronometerwerke. Weitere wichtige deutsche Juweliere sind Rüschenbeck (Hauptsitz Dortmund) und Christ mit seinem Hauptsitz in Hagen. Als größter aus der Schweiz stammender Filialist ist Bucherer zu nennen. Er hat seit den späten 1990ern viele Geschäfte in Deutschland übernommen (u.a. Huber, München und Wallner, Nürnberg), die jetzt als Bucherer-Läden geführt werden. Wichtige Filialisten in anderen Ländern sind u.a. in Asien (u.a. Singapur) „The Hour Glass“, in der Schweiz „Les Ambassadeurs“ und in den USA „Tourneau“.
Monobrand-Stores
Das klassische Fachhandelsmodell wird in den letzten Jahren mehr und mehr in Frage gestellt. Einerseits von kleinen Herstellern, die sich im Fachhandel unterrepräsentiert fühlen und durch Online-Shops und Direktvertrieb einen Ausgleich schaffen wollen. Andererseits von großen Luxusmarken, die mehr und mehr auf Monobrand-Stores und eigene Online-Shops setzen, um ihre Produkte in der eigenen, unverfälschten Markenwelt präsentieren zu können. Da Asiaten viel mehr als Europäer markenzentriert denken, gibt es die meisten Monobrand-Stores in Asien. Die Vorteile einer eigenen Boutique sind auf der einen Seite die Sammlung von Kontaktdaten der Endkunden, die sie vom klassischen Fachhändler nicht bekommen. Zum anderen entfällt die Juweliersmarge; die Marke verdient wesentlich mehr an der verkauften Uhr. Allerdings sind bei Weitem nicht alle Boutiquen in Markenbesitz. Viele Boutiquen verkaufen exklusiv Uhren nur einer Marke, gehören aber einem Juwelier.
Internethandel
Noch vor gut einem Jahrzehnt warnten praktisch alle Luxusuhrenmarken auf ihren Websites die Kunden davor, Uhren im Internet zu kaufen. Heute sind bereits viele Marken selbst im E-Commerce tätig. Was nicht heißt, dass der klassische Ladenverkauf verschwinden muss – jedenfalls kommt eine neue Schiene hinzu. Die E-Commerce Umsätze steigen seit Jahren kontinuierlich. Und auch die Hersteller wollen davon profitieren. Gerade Richemont hat in den letzten Jahren viel in die Online-Präsenz der Konzernmarken investiert. Sehr teure Uhren sind oft noch vom E-Commerce ausgenommen, aber der Trend geht eindeutig in Richtung Internetverkauf. Anders als in den eigenen Boutiquen soll im Internet tatsächlich Geld verdient werden. Das Potenzial dafür ist mit niedrigen Kosten und hoher Marge vorhanden. Der Fachhandel sieht diese Entwicklung tendenziell mit Sorge und würde lieber selber übers Internet verkaufen, das aber lassen die meisten Marken nicht zu. Natürlich haben auch andere das Internet als Handelsplattform entdeckt. Somit kann man zum Beispiel über Chrono24 nicht nur gebrauchte Uhren kaufen, sondern findet meistens auch die aktuellen Modelle mit einem ordentlichen Preisnachlass. Diese sogenannte Grauware wird von Konzessionären an andere Händler weitergegeben. Entweder weil sie die Verkaufsaussichten in ihrem Ladengeschäft als gering einstufen, oder weil sie Umsatzvorgaben der Marken nicht anders erreichen können. Dieses Vertriebsmodell ist den Herstellern ein Dorn im Auge. Letztlich sind sie aber durch Preise, die sich nicht immer durchsetzen lassen und ebenso durch ambitionierte Umsatzvorgaben auch ein Treiber dieser Entwicklung.
Lesen Sie hier das vollständige eDossier „Der Markt der Luxusuhren“ auf Watchtime.net